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Überlingen,

Hochwassereinsatz in Polen

Mit einer Pumpleistung von rund 80.000 Liter pro Minute kämpften im Juni und Juli die fünf "High Capacity Pumping"-Module (HCP) des THW im Osten Polens gegen die Wassermassen der Weichsel an. Rund 80 THW-Einsatzkräfte aus ganz Deutschland waren im Einsatz, um die polnische Feuerwehr bei den Pumparbeiten zu unterstützen.

Heftige Regenfälle führten zuvor in Polen zu schweren Überschwemmungen.In Janowiec liefen die Pumpen des HCP-Moduls aus Baden-Württemberg, um das örtliche Pumpwerk trocken zu legen. Auch die Fachgruppe Wasserschaden/Pumpen des Ortsverbandes Überlingen stellt für dieses HCP-Modul einen Helfer.

Uli Knirsch (OV Überlingen), der in seinem Privatleben als Luft und Raumfahrtingenieur bei EADS arbeitet, übernahm als "Team-Leader" eine sehr verantwortungsvolle Führungsposition. Sein Team bestand aus 14 Fachmännern und einer Fachfrau, alle Spezialisten im Umgang mit den Hochleistungspumpen. Uli Knirsch war vor Ort Ansprechpartner für sein Team, aber auch für den „Head of Mission“ und die Polnische Feuerwehr. Seine Aufgabe war es, Prioritäten festzulegen, Schichten einzuteilen und für Nachschub zu sorgen.

Das HCP-Modul:

Bei den „High Capacity Pumping Modules“ (HCP) handelt es sich um Einheiten, welche jeweils über eine Havariepumpe mit einer Leistung von 15.000 Litern pro Minute und zwei weitere Großpumpen mit einer Kapazität von 5.000 Litern pro Minute verfügen. Die Geräte können in unzugänglichen Gebieten ein-gesetzt werden und sind dafür ausgelegt, Wasser über eine Entfernung von bis zu einem Kilometer zu pumpen.


Einsatztagebuch von Uli Knirsch:

„Vom Regen in die Traufe“
 
Unter dem Eindruck des Flugzeugunglückes in Überlingen war ich Mitglied im Technischen Hilfswerk (THW) geworden. Inzwischen gehöre ich auch dem Team für Auslandseinsätze an. 

Mitte Juni wollte ich nach Berlin reisen um mit den Kindern die Internationale Flugschau zu besuchen.  Kurz vor der Abfahrt bekam ich die Nachricht dass unsere Einheit aus Baden-Württemberg eventuell von Polen angefordert werden würde.  Im Berliner Regen kam dann der Einsatzbefehl:  "Morgen Abend in Görlitz."  Für die Rückfahrt mit der Bahn blieb keine Zeit.  Für die Kinder fand ich kurzfristig einen Flug, sie durften zum ersten Mal alleine fliegen.

Zum Glück hatte ich einen Extra-Rucksack voller Ausrüstung dabei. Während meine Kameraden sich mit dem schweren Gerät von Adelsheim aus auf den Weg machten, konnte ich mit dem Zug anreisen und die Unterkunft vorbereiten:  Eine Fahrzeughalle mit mehreren Dutzend Feldbetten beherbergte insgesamt fünf Einheiten aus ganz Deutschland.

Für den Marsch bildete sich ein Kolonne aus ca. 30 Fahrzeugen, der von der polnischen Polizei begleitet durch Breslau gen Osten fuhr.  Nach 13 Stunden Fahrt teilten sich die Einheiten auf.  Unsere Gruppe aus Baden-Württemberg erreichte mit Einbruch der Dämmerung Janowiec, ca. 100km südwestlich von Lublin.  Das Städtchen am westlichen Weichselufer war vormals ein polnischer Erholungsort und erinnerte mit seinem Schloss vage an Meersburg.  Allerdings war nachts der Weichseldamm gebrochen, die Häuser bis zu 2 Meter überflutet und zum Teil zerstört worden.  Viel Wasser war schon abgelaufen und hatte eine dicke Schlammschicht hinterlassen die sogar unseren Allrad getriebenen Fahrzeugen Schwierigkeiten bereitete.  Zudem war der Schlamm mit Chemikalien und Tierkadavern durchsetzt.  Wir konnten also nur mit Schutzkleidung und großer Vorsicht arbeiten. 

Kurz nach Mitternacht gingen alle drei Großpumpen in Betrieb und förderten mit einer Leistung von 20.000 Litern pro Minute - rund um die Uhr.  In den nächsten Tagen legten wir auch ein Pumpwerk trocken und säuberten das Gelände sodass die Reparaturarbeiten beginnen konnten.  In unseren Freischichten stellten wir unsere Heimat im Deutschunterricht der örtlichen Schule vor.

Kaum war die Lage im Griff, wurden wir auf das andere Weichselufer verlegt.  Obstplantagen und Hopfenfelder prägten die Landschaft.  Auch hier war die Ähnlichkeit mit der Bodensee-Region unverkennbar.  Allerdings hatte eine dicke Schlammschicht alle Vegetation erstickt.  Schlimmer noch:  Nach der ersten Flutwelle waren die Bewohner zurückgekehrt und waren mitten im Wiederaufbau von der zweiten Flutwelle getroffen worden.  Zudem schienen hier die Schnaken noch gefräßiger.  Wiederum arbeiteten wir in Schichten rund um die Uhr, bauten insgesamt ca. 700m Schlauchleitung durch unpassierbares Gelände und legten einen Ort sowie eine Zufahrtstrasse trocken. 

Als der Wasserspiegel sank suchten wir neue Einsatzstellen - schwierig auf ebenem Gelände wenn man auf jeder Straßenseite gerade einmal 100 Meter überblicken kann.  Dankenswerterweise bekamen wir vom Friedrichshafener Geoinformations-Dienstleister Infoterra eine aktuelle Radar-Aufnahme der Region:  Die Weichsel war klar zu erkennen aber außer einigen natürlichen Seen gab es keine nennenswerten Mengen stehendes Wasser.  Nach zwei Wochen und 150.000 Kubikmetern geförderten Wassers (genug um 200 Schwimmbecken zu füllen) stellten wir die Pumpen endlich ab.

Besonders in Erinnerung bleiben die Zusammenarbeit mit unseren Kameraden der polnischen Feuerwehr sowie die Dankbarkeit der Bevölkerung.

Quelle: Uli Knirsch

Links: Straz Lublinie (1) ; Straz Lublinie (2) ; THW Landesverband Baden- Württemberg ; Bundesanstalt Technisches Hilfswerk


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